Vor einigen Wochen versetzte ein BGH-Urteil die Solarbranche in Aufruhr: Der Bundesgerichtshof gab einer Netzbetreiberin recht, die auf Rückzahlung der Einspeisevergütung aufgrund einer fehlenden Meldung der PV-Anlage klagte. Ist das Thema damit erledigt? Ein Beitrag von Rechtsanwältin Dr. Bettina Hennig aus der Kanzlei Bredow Valentin Herz Rechtsanwälte.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Juli 2017 seine lange erwartete Entscheidung zu den Konsequenzen einer verspäteten BNetzA-Registrierung von EEG-Anlagen gefällt (BGH, Urteil vom 5. Juli 2017 – Az. VIII ZR 147/16) – und zwar mit fatalen Folgen für betroffene Anlagenbetreiber, wie bereits ausführlich in vielen Beiträgen zu lesen war. Mittlerweile liegen auch die Urteilsgründe vor und es bewahrheitet sich leider, was wir bereits in unserer letzten Meldung befürchtet hatten: Gerade für ältere Bestandsanlagen kommt es im Drama um die EEG-Meldepflichten leider nicht zu einem Happy End. Dies ist umso bedauerlicher, als dass die Entscheidung des BGH in einem entscheidenden Punkt nach unserer Auffassung einen groben Fehler enthält. Aber lesen Sie selbst zum Drama in drei Akten – mit einer kleinen Vorwarnung: Zum Verständnis müssen wir Sie auf einen kleinen Ausflug in die Untiefen der EEG-Übergangsbestimmungen mitnehmen…
Wie bereits in unserer letzten Meldung zur BGH-Entscheidung dargestellt, sahen sich Anlagenbetreiber vor Inkrafttreten des EEG 2017 mit drakonischen Rechtsfolgen konfrontiert, wenn sie die Registrierung ihrer Anlagen bei der Bundesnetzagentur versäumt hatten:
Da der Gesetzgeber – wohl auch in Folge der zahlreichen Fälle in Schleswig-Holstein – diese Rechtsfolge offenbar als unangemessen hart bewertete, änderte er mit dem EEG 2017 zum 1. Januar 2017 die Rechtslage erneut: Seitdem wird ein Verstoß gegen die Registrierungspflichten in vielen Fällen „nur noch“ mit einem 20-prozentigen Abschlag von der EEG-Vergütung sanktioniert (§ 52 Absatz 3 EEG 2017).
Dass diese Abmilderung der Sanktion auch für Bestandsanlagen gelten soll, regelte der Gesetzgeber wiederum in den – inzwischen kaum noch durchschaubaren – Übergangsbestimmungen. Hierfür müssen wir zur Erklärung kurz etwas ausholen:
Dann ist ja soweit alles klar, könnte man nun denken: Seit dem 1. Januar 2017 gilt für alle Neu- und Bestandsanlagen rückwirkend seit dem 1. August 2014 bei Meldepflichtverstößen der 20-prozentige Abzug von der EEG-Vergütung.
Doch jetzt kommt der BGH ins Spiel – und das Blatt wendet sich wieder.
Bereits in einer ersten Meldung zum BGH-Urteil hatten wir unser Erstaunen darüber angedeutet, dass der BGH die neue Abmilderungs-Regelung des EEG 2017 nicht für den Zeitraum ab dem 1. August 2014 angewendet hatte. Nun liegen die Urteilsgründe vor und es zeigt sich, dass der BGH dies tatsächlich geprüft hat – allerdings mit dem verblüffenden Ergebnis, dass die Neuregelung und ihre rückwirkende Geltung nicht anwendbar sein sollen.
Dies begründet der BGH letztlich damit, dass die Übergangsbestimmungen ja weiterhin für EEG-2012-Anlagen die Anwendung der härten Regelung des EEG 2014 anordnen würden. Die rückwirkende Erstreckung der abgemilderten Neuregelung nach § 100 Absatz 1 EEG 2017 gelte nach Ansicht des BGH nur für EEG-2014-Bestandsanlagen. Daher seien ältere Bestandsanlagen grundsätzlich nicht von deren Anwendungsbereich erfasst.
Wer oben aufgepasst hat, kann dies eigentlich schon selbst beantworten: Der BGH scheint schlicht zu übersehen, dass es auch noch den § 100 Absatz 2 Satz 2 EEG 2017 gibt, der auch für ältere Bestandsanlagen die rückwirkende Geltung der abgemilderten Sanktion in § 100 Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 52 Absatz 3 EEG 2017 anordnet. Diese entscheidende Regelung wird in dem BGH-Urteil an keiner Stelle zitiert oder ausgelegt. Man kann insofern nur rätseln, aus welchem Grund der BGH sich mit dieser – für den entschiedenen Rechtsstreit eigentlich entscheidenden – Regelung überhaupt nicht auseinandergesetzt hat.
Gerade dies spricht aber wohl auch dafür, entsprechenden Rückforderungsverlangen von Netzbetreibern nicht ohne weiteres nachzukommen, sondern – unter Verweis auf § 100 Absatz 2 Satz 2 EEG 2017 – trotz des auf den ersten Blick entgegenstehenden BGH-Urteils die vom Gesetzgeber gewollte Abmilderung der Sanktion durchzusetzen.
Rechtsanwältin Dr. Bettina Hennig, von Bredow Valentin Herz Rechtsanwälte (Berlin), berät insbesondere Betreiber und Hersteller von Erneuerbare-Energien-Anlagen, Projektentwickler, Energieversorgungs- sowie Energiehandelsunternehmen zum EEG und energierechtlichen Fragestellungen im Allgemeinen. Ein Tätigkeitsschwerpunkt liegt dabei im Bereich Photovoltaik, Energiespeicher sowie der rechtlichen Begleitung dezentraler Energiekonzepte.