Eine aktuelle Analyse des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (BNE) warnt eindringlich vor den Folgen eines möglichen Kapazitätsmarkts in Deutschland. Laut Berechnungen des Verbands könnten zusätzliche Kosten von bis zu 435 Milliarden Euro entstehen, was zu Lasten von Haushalten, Industrie und Volkswirtschaft ginge. Der BNE sieht darin nicht nur ein wirtschaftliches Risiko, sondern auch ein Signal für rückwärtsgewandte Energiepolitik.
Ein Kapazitätsmarkt würde bedeuten, dass Betreiber von Kraftwerken nicht nur für die tatsächlich erzeugte Energie bezahlt werden, sondern auch dafür, dass sie Stromkapazitäten „bereitstellen“. Ziel wäre es, Versorgungssicherheit zu garantieren – etwa bei Engpässen oder unerwartet hoher Nachfrage.
Doch genau hier setzt die Kritik des BNE an. Der Verband argumentiert, dass ein solcher Markt Fehlanreize schafft, ineffiziente Strukturen subventioniert und den Umstieg auf moderne, flexible und erneuerbare Systeme bremst.
Laut BNE würde ein umfassender Kapazitätsmarkt – also eine systemweite Einführung – über einen Zeitraum von 15 Jahren hinweg zusätzliche Kosten in Höhe von rund 435 Milliarden Euro verursachen. Diese Zahl basiert auf einer Hochrechnung realer Kapazitätsmarktmodelle aus anderen Ländern und einem möglichen Marktmechanismus für Deutschland.
Selbst bei einem „begrenzten Kapazitätsmarkt“, der nur einen Teil des Systems abdeckt, wären laut BNE immer noch rund 73 Milliarden Euro Zusatzkosten zu erwarten. Hinzu kämen regulatorische Komplexität und die Gefahr, bestehende Investitionssignale zu verzerren.
Der Geschäftsführer des BNE, Robert Busch hat dazu eine klare Meinung: „Ein Kapazitätsmarkt ist ein teures, träges und falsches Instrument, das die Herausforderungen der Energiewende nicht löst, sondern verschärft.“
Der BNE spricht sich klar gegen einen staatlich gestützten Kapazitätsmarkt aus. Stattdessen setzt der Verband auf marktnahe Anreize für Flexibilität. Das bedeutet: Speicherlösungen, steuerbare Verbraucher, intelligente Netze und Erneuerbare mit kurzfristiger Anpassungsfähigkeit sollen gestärkt werden – nicht fossile Reservekapazitäten, die kaum zum Klimaschutz beitragen.
Flexibilität sei günstiger, effizienter und besser geeignet, auf reale Lastspitzen zu reagieren. Ein Kapazitätsmarkt hingegen laufe Gefahr, alte Strukturen zu zementieren und neue Technologien auszubremsen.
Die zusätzlichen Milliardenkosten müssten letztlich über Strompreise oder Umlagen finanziert werden. Der BNE warnt deshalb vor gravierenden Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sowie die Kaufkraft privater Haushalte. Gerade in Zeiten hoher Energiepreise und Inflation sei eine kostenbewusste Gestaltung des Strommarkts essenziell.
Zudem könne die Einführung eines Kapazitätsmarkts neue Unsicherheiten für Investoren schaffen. Projekte im Bereich Erneuerbare, Speicher und Lastmanagement könnten ins Stocken geraten, wenn künstlich Preisverzerrungen entstehen.
Die Debatte über Kapazitätsmärkte ist Teil der anstehenden Strommarktreform, über die in Berlin und Brüssel diskutiert wird. Der BNE fordert, dass Deutschland hier ein zukunftsgerichtetes Signal setzt – weg von pauschalen Kapazitätsprämien, hin zu einem echten Anreizsystem für Versorgungssicherheit durch Innovation.
Dazu gehört laut BNE: marktorientierte Kapazitätsmechanismen, technologieoffene Ausschreibungen und faire Wettbewerbsbedingungen für alle Akteure, und nicht nur für konventionelle Kraftwerke.