
Modellrechnungen zeigen: Ein Ausbau von Kurzzeitspeichern auf 60 Gigawatt Leistung und einer Speicherdauer von zwei bis vier Stunden könnte bis zu 15 bis 20 Gigawatt an gesicherter Backup-Kapazität ersetzen. Jeder neu installierte Speicher trägt überproportional dazu bei, den Bedarf an fossilen Reservekraftwerken zu senken. Das verdeutlicht, wie zentral Speicher für eine kosteneffiziente und klimafreundliche Stromversorgung der Zukunft sind.
In Zeiten steigender Einspeisung von Sonnen‑ und Windstrom wächst die Bedeutung von flexiblen Speichern massiv. Besonders sogenannte Kurzzeitspeicher – also Anlagen, die Energie über Minuten bis wenige Stunden speichern können – rücken in den Fokus. Diese Systeme ermöglichen es, Erzeugungsschwankungen auszugleichen, Netzlasten zu glätten und damit den Bedarf an herkömmlichen reservepflichtigen Gaskraftwerken zu verringern.
Dazu schreibt die Bundesnetzagentur im Rahmen ihres aktuellen Versorgungssicherheitsmonitorings: „Speicher werden eine immer wichtigere Funktion einnehmen. Schon heute können sich besonders Batteriespeicher im Strommarkt refinanzieren […]“
Bisher waren Gaskraftwerke oder andere regelbare fossile Kraftwerke die Rückgratreserve für deutsche Stromnetze. Sie kommen etwa bei Dunkelflauten oder plötzlichen Einbrüchen bei Wind und Sonne zum Einsatz. Doch mit wachsender Einspeisung von Erneuerbaren und steigender Nachfrage nach Flexibilität im Netz verändert sich das Bild.
Kurzzeitspeicher können in vielen Fällen diese Funktion zumindest temporär übernehmen. Sie lassen sich schnell aktivieren, sind dezentral einsetzbar und müssen nicht auf Volllast über viele Stunden betrieben werden. Darüber hinaus zeigen Modellrechnungen, dass durch den gezielten Einsatz von Speichern erhebliche fossile Kapazitäten eingespart werden könnten.
Der Vorteil von Kurzzeitspeichern liegt vor allem in der schnellen Reaktion und Flexibilität: Sie können Überschüsse aus PV oder Wind aufnehmen und zeitversetzt einspeisen. Sie entlasten das Netz, indem sie Spitzenlasten abfangen. Sie reduzieren den Bedarf an neuen Gaskraftwerken, was Investitionen, Betriebskosten sowie CO₂‑Emissionen senken kann. Sie ermöglichen eine höhere Nutzung dezentraler Erzeuger und fördern damit die Systemtransformation.
Die Potenziale von Kurzzeitspeichern reichen weit über die reine Energiepufferung hinaus. Für Netzbetreiber ermöglichen sie eine stabilere und flexiblere Netzführung, indem sie kurzfristige Schwankungen im Stromnetz effektiv ausgleichen. Das reduziert den Bedarf an konventionellen Regelkraftwerken und verringert den Aufwand zur Frequenzhaltung. Industrieunternehmen – insbesondere Hersteller von Speicherlösungen, Systemkomponenten oder Steuerungstechnik – profitieren durch die steigende Nachfrage und die wachsende Marktdynamik.
Auch Projektentwickler und Investoren sehen darin Vorteile. Die sinkende Abhängigkeit von fossilen Backup-Kraftwerken schafft neue Spielräume für Investitionen in klimafreundliche Infrastrukturen. Politisch betrachtet ergibt sich eine doppelte Chance: Der geringere Bedarf an neuen Gaskraftwerken entlastet nicht nur die CO₂-Bilanz, sondern spart auch Milliarden an Infrastrukturkosten. So werden Emissionen und Abhängigkeiten reduziert, was bei gleichzeitig wachsender Versorgungssicherheit möglich ist.
Doch so vielversprechend die Technik ist, so steht sie auch vor Hürden. Insbesondre durch die Notwendigkeit, dass Speichersysteme wirtschaftlich umgesetzt werden müssen. Rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen sind noch nicht flächendeckend angepasst. Netzanschluss und Betriebsbereitschaft in kritischen Zeiten müssen gewährleistet sein. Das gilt vor allem bei dezentralen Systemen. Zudem ist die Nachrüstung bestehender Infrastruktur oft komplex und kostenintensiv.
Damit Kurzzeitspeicher ihr Potenzial voll entfalten können, brauchen sie Unterstützung auf mehreren Ebenen. Zum einen müssen die Speicher durch Marktmechanismen adäquat vergütet und durch Regulierungen als gleichwertige Reservekapazität anerkennen werden; zum anderen muss die Infrastruktur für Netzanschluss, Monitoring und Steuerung weiter ausgebaut werden. Ergänzend können Förderprogramme und Finanzierung die Einstiegshürden senken.
Kurzzeitspeicher könnten sich zu einem zentralen Baustein der Energiewende entwickeln. Wenn es gelingt, diese Technologien marktfähig, wirtschaftlich und flächendeckend zu etablieren, ließe sich der geplante Neubau umstrittener fossiler Reservekapazitäten weitgehend vermeiden. Das würde nicht nur Emissionen und Infrastrukturkosten senken, sondern auch die geopolitische Abhängigkeit von Gasimporten reduzieren. Gleichzeitig stärkt eine dezentrale Speicherinfrastruktur die Systemstabilität und Reaktionsfähigkeit in Echtzeit. Das ist ein wichtiger Vorteil bei stark fluktuierender Erzeugung aus Wind- und Sonnenenergie.
Damit sich das Potenzial der Kurzzeitspeicher voll entfalten kann, braucht es klare politische Leitlinien, neue Fördermechanismen und vor allem: angepasste Marktregeln. Speicher müssen als eigenständige Systemdienstleister anerkannt und entsprechend vergütet werden. Auch regulatorische Hürden – etwa bei der Netzentgeltbefreiung oder Doppelbesteuerung von gespeichertem Strom – müssen abgebaut werden. Nur so kann ein fairer Wettbewerb entstehen, der den Ausbau dynamisch vorantreibt. Die Technologie ist da, jetzt gilt es vornehmlich, den Rahmen so zu gestalten, dass sie zur tragenden Säule einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energieversorgung wird.