
Die Bundesregierung hat im Rahmen ihres Koalitionsausschusses eine neue Kraftwerksstrategie vorgestellt. Vorgesehen ist der Bau von acht Gigawatt Gaskraftwerken, die mindestens zehn Stunden Leistung zur Verfügung stellen sollen. Dieser Zeitraum soll lange Phasen geringer Wind- und Solarproduktion ausgleichen. Die Frage ist nun, ob Gaskraftwerke für diese Aufgabe zwingend notwendig sind oder ob große Batteriespeicher denselben Bedarf decken könnten.
10-Stunden-Batterien statt Gas? Zu diesem Punkt stellt sich Energieanalysten die Frage, ob Speicher technisch und ökonomisch mit den Gasprojekten mithalten können. Dazu fordern Branchenkenner eine konzertierte Aktion von Gesetzgeber und Marktteilnehmern. Für die Umwelt wäre der Verzicht auf Gas natürlich der größte Vorteil.
Dazu meint Christian Schäfer von der unabhängigen Analyseplattform Regelleistung online: „Wenn Politik und Marktmechanismen zusammenpassen, ist ein 10-Stunden-Speicher kein technisches Wunderwerk mehr, sondern eine Frage der richtigen Rahmenbedingungen. Es geht nicht um die Frage, ob Speicher leistungsfähig genug sind, sondern darum, ob wir ihnen in den Ausschreibungen zutrauen, das zu leisten, was man bisher automatisch den Gaskraftwerken zuschreibt“.
Schäfer geht davon aus, dass ein wirtschaftlicher Betrieb großer Batteriespeicher ab dem Jahr 2031 realistisch ist, selbst ohne langfristige Subventionen. Seine Modelle rechnen mit weiter sinkenden Batteriepreisen. Ein 10-Stunden-Speicher würde zwar mehr Kapazität benötigen als heutige Standardprojekte, könnte aber bei passenden Marktbedingungen trotzdem wirtschaftlich arbeiten. Die Grundidee ist einfach: Erzeugt das System genug Strom aus erneuerbaren Quellen, können Speicher diesen aufnehmen und später gezielt abgeben. Damit ließe sich die Versorgungssicherheit erhöhen, ohne neue fossile Infrastruktur auszubauen.
Der finanzielle Vergleich ist einer der stärksten Punkte zugunsten der Speicher. Während die Förderung neuer Gaskraftwerke im Jahr 2024 bei rund 660 Euro pro Kilowatt lag, liegen Schäfers Berechnungen für Speicher bei ungefähr 450 Euro pro Kilowatt. Das ergibt über den gesamten Ausschreibungsumfang ein mögliches Einsparpotenzial von mehreren Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass Speicher in verschiedenen Märkten zusätzliche Erlöse erzielen können, etwa im Regelenergiesegment oder durch Stromhandel. Wie stabil diese Einnahmen langfristig bleiben, ist allerdings offen.
Batteriespeicher bringen klare Vorteile mit. Sie reagieren schnell, stabilisieren Netzschwankungen und erhöhen die Flexibilität im System, weil sie Strom aus erneuerbaren Quellen dort nutzbar machen, wo er gebraucht wird. Sinkende Investitionskosten stärken diese Position zusätzlich. Die bisherigen Einschätzungen zur Herausforderung: 10-Stunden-Batterien statt Gas, unterstreichen die technische Machbarkeit. Dabei geht man davon aus, dass Speicher die geforderte zehnstündige Leistung grundsätzlich liefern können, Der Vorteil, dass Speicher nicht nur kurze Spitzen, sondern auch längere Versorgungslücken abfedern können, macht sie zu einer ernstzunehmenden Alternative im Ausschreibungsverfahren.
Trotzdem gibt es Grenzen. Sehr lange Flauten lassen sich mit Batterien nicht ohne Weiteres überbrücken, da hierfür enorme Kapazitäten notwendig wären. Für derart lange Einsatzzeiten bleibt der Bedarf an ergänzenden Technologien bestehen, etwa Wasserstoff- oder anderen Langzeitspeichern. Auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen spielen eine Rolle. Marktpreise, Erlösstrukturen und Standortfragen bestimmen, ob der Betrieb großer Speicher dauerhaft tragfähig ist. Speicher können einen bedeutenden Teil der Versorgungssicherheit abdecken, ersetzen aber nicht alle konventionellen Kapazitäten.
Die aktuelle Strategie mischt Gas und Speicher, um das Risiko im System zu reduzieren. Speicher können Ausfälle oder Schwankungen kurzfristig überbrücken, während Gaskraftwerke als langfristige Reserve gedacht sind. Eine technologieoffene Ausschreibung würde diese Struktur flexibler machen. Wenn Speicher nachweislich günstiger sind, könnten sie einen größeren Teil der Ausschreibung gewinnen und die geplanten Gaskapazitäten reduzieren. Dadurch würde die Bundesregierung nicht nur Kosten sparen, sondern auch die Emissionsziele unterstützen.
Die noch offene Frage ist, ob das Verhältnis von acht Gigawatt Gaskraftkapazität zu einem kleineren Anteil technologieoffener Speicher wirklich optimal ist. Hier besteht weiterer Klärungsbedarf, da Speicher und Gas unterschiedlich eingesetzt werden und sich die Systemanforderungen mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien verändern.
Ob 10-Stunden-Batterien tatsächlich zu einem zentralen Baustein des zukünftigen Energiesystems werden, hängt von mehreren Faktoren ab. Batteriepreise müssen weiter sinken, Marktbedingungen stabil bleiben und politische Ausschreibungen technologieoffen gestaltet sein. Sollte das gelingen, könnten Speicher deutlicher an Bedeutung gewinnen. Sie sind flexibel, klimafreundlich und je nach Kostenentwicklung auch finanziell attraktiv.
Gleichzeitig bleibt richtig, dass Speicher nicht jede Aufgabe übernehmen können. Für lang anhaltende Versorgungslücken oder extreme Lastsituationen werden weitere Technologien nötig bleiben. Eine Kombination aus Speicherlösungen, erneuerbaren Energien und begrenzten konventionellen Reserven könnte sich daher als realistischster Weg erweisen.