
Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber sehen sich mit einer bisher nie dagewesenen Flut an Netzanschlussanfragen für stationäre Batteriespeicher konfrontiert. Die kumulierte beantragte Leistung hat inzwischen die Schwelle von 500 Gigawatt überschritten – ein Wert, der die deutsche Jahreshöchstlast bei Weitem übersteigt.
Deutschlands Übertragungsnetzbetreiber verzeichnen einen historischen Höchststand an Netzanschlussanfragen für stationäre Batteriespeicher. Die angefragte Leistung hat mittlerweile die Marke von 500 Gigawatt überschritten – deutlich mehr als die höchste jemals gemessene Stromnachfrage im Land.
Verschiedene Verteilnetzbetreiber melden ähnliche Entwicklungen. Besonders bei Tennet gingen allein im Sommer 2025 Anträge über rund 234 Gigawatt ein. Die Zahlen unterstreichen, wie wichtig Batteriespeicher für die Energiezukunft werden. Doch sie werfen auch Fragen auf: Wie viele dieser Vorhaben sind tatsächlich umsetzbar?
Marktexperten und Netzbetreiber zeigen sich zunehmend besorgt: Nicht alle dieser Anträge verfolgen konkrete Projektziele. Das derzeitige Genehmigungsverfahren folgt dem Prinzip 'first come, first served' – wer zuerst beantragt, hat Vorrang beim Zugang zum Netz. Das führt dazu, dass viele Akteure sich pro forma Kapazitäten sichern, ohne dass ein belastbarer Finanzierungs- oder Bauplan vorliegt. Dieses Vorgehen blockiert jedoch reale Projekte und überfordert die Netzbetreiber personell wie strukturell.
Dazu die Plattform Regelleistung-Online: „Die über 500 Gigawatt an Netzanschlussanfragen sind kein realistischer Indikator für den Markthochlauf von Batteriespeichern, sondern Ausdruck eines fehlgeleiteten Genehmigungssystems.“
Wenn Netzkapazitäten durch spekulative Anfragen blockiert werden, geraten tatsächlich umsetzbare Speicherprojekte ins Hintertreffen. Dies ist kritisch, weil Batteriespeicher eine Schlüsselrolle bei der Netzstabilisierung und der Integration erneuerbarer Energien spielen. Sie helfen dabei, Stromspitzen abzufedern, Engpässe zu vermeiden und Frequenzschwankungen auszugleichen. Kommt es zu Verzögerungen beim Ausbau funktionsfähiger Speicher, könnten sowohl Versorgungssicherheit als auch Dekarbonisierungsziele ins Wanken geraten.
Fachverbände und Netzbetreiber fordern ein zügiges Umdenken in der Regulierung. Vorschläge reichen von verbindlichen Meilensteinplänen für Antragsteller über gestaffelte Netzanschlussreservierungen bis hin zu einer stärkeren technischen Vorprüfung durch die Netzbetreiber. Auch eine moderate Anschlussgebühr für Reservierungen wird diskutiert, um spekulative Anfragen zu reduzieren. Zusätzlich soll eine zentrale digitale Plattform die Kommunikation zwischen Betreibern, Projektierern und Behörden effizienter gestalten.
Dass die Nachfrage nach Speichern steigt, ist grundsätzlich ein positives Zeichen für die Transformation des Energiesystems. Doch die Infrastruktur – besonders auf Verteilnetzebene – muss mitwachsen. Daher ist es wichtig, Genehmigungsverfahren so zu gestalten, dass innovationsfreundlich, aber auch projektnah entschieden werden kann. Dabei könnte auch eine Priorisierung nach Realisierungsgrad, Standort oder Systemrelevanz sinnvoll sein. Projekte mit konkreter Bauabsicht und klarer Finanzierung könnten so bevorzugt behandelt werden.
Um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden, braucht es ein ausgewogenes Zusammenspiel aus Investitionsbereitschaft, technischer Machbarkeit und regulatorischem Augenmaß. Speicherprojekte dürfen nicht allein an überlasteten Netzen oder langwierigen Verfahren scheitern. Wenn Genehmigungen beschleunigt, Planungssicherheit geschaffen und spekulative Anfragen herausgefiltert werden, lässt sich das Momentum gezielt für die Energiewende nutzen. Nur so wird aus dem theoretischen Potenzial auch ein praktischer Beitrag zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit.
Der Run auf Netzanschlüsse für Batteriespeicher zeigt das enorme Marktpotenzial – aber auch die systemischen Schwächen der bestehenden Struktur. Jetzt ist die Zeit für gezielte Reformen, damit ambitionierte Ausbauziele nicht an administrativen Hürden scheitern. Ein moderner Energiemarkt braucht klare Spielregeln, verlässliche Prozesse und eine digitale Infrastruktur, die mit dem Wachstum Schritt hält. Nur so wird die Vision eines flexiblen, stabilen und klimaneutralen Energiesystems Realität.