Ausnahmen für Unternehmen von der EEG-Umlage, Gas-Alternativen aus den USA, Kritik an der Energiebilanz aus nordischen Bundesländern, Idee der längeren Laufzeit von Atomkraftwerken, Abschaffung von Biogas aus der Energiewende und eine Vielzahl von Vorteilen durch eine bessere Energieeffizienz. Die Energiewende hat mal wieder viele Streitthemen hervorgebracht und wir verschaffen einen kleinen Überblick über die wichtigsten Nachrichten und Meinungen der vergangenen Woche.
Eine Einigung im Beihilfe-Verfahren zwischen Deutschland und der Europäischen Union ist in Sicht. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) betont, die Gespräche über das Streitthema - die Energie-Vergünstigung für Deutsche Unternehmen - seien kompliziert, aber man komme langsam aufeinander zu. Der Teufel stecke im berüchtigten Detail. Gabriel sieht darüber hinaus gute Chancen, bis Ende März "die Kuh vom Eis" zu haben. Ähnlich zuversichtlich zeigt sich auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger. In den letzten strittigen Punkten gehe es lediglich noch um die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausnahme von 2000 Unternehmen in Deutschland von der Ökostrom-Umlage. Informationen des SPIEGEL zufolge seien sich Deutschland und die EU aber bereits weitestgehend einig darüber, welche Unternehmen in Zukunft weiterhin begünstigt werden - und welche aus der Förderung mit der geplanten Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) rausfallen. Fälschlich begünstigte Firmen werden aber aller Voraussicht nach einen Teil ihrer Ökostrom-Einsparungen aus den Jahren 2013 und 2014 nachzahlen müssen.
EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia ist der deutschen Regierung in Sachen Vergünstigungen für Unternehmen einen großen Schritt entgegen gekommen. Obwohl die Ausnahme von über 2.000 Unternehmen von der Ökostrom-Umlage laut Almunia wettbewerbsverzerrend sei, will er nun doch die Sonderbehandlung von 65 Branchen erlauben. Dazu zählen neben den Aluminium-, Stahl- und Zinkproduzenten – denen Almunia schon seit langem eine Sonderrolle zugestanden hat – unter anderen Sägemühlen, Fruchtsafthersteller, die Hersteller von Plastikprodukten und Zement und die Papierbranche, weil diese viel Strom verbrauchen und im internationalen Wettbewerb stehen. Anfang April sollen die Leitlinien offiziell beschlossen werden und dann im Juli in Kraft treten.
Ein Wegfall der Industrie-Ausnahmen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) könnte nach Berechnungen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) enormen Schaden anrichten: Bis 2020 würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um fünf Prozent niedriger ausfallen, heißt es in der Stellungnahme des BDI für die EU-Kommission zum laufenden Beihilfeverfahren. Weitere Folgen wären Insolvenzen, Abwanderungen ins Ausland und Arbeitsplatz-Verluste.
Die aktuelle Krim-Krise zeigt, wie abhängig Teile Europas noch von russischem Gas sind. Um diese Abhängigkeit zu minimieren, gibt es nun eine Lösung: Die Einspeisung von Gas aus den USA. Durch die "Schiefergas-Revolution" sind die USA zu einem der größten Gasproduzenten der Welt avanciert. Die Vorräte des aus Fracking geborgenen Gases reichen Schätzungen zufolge für 100 bis 200 Jahre und durch die Möglichkeit der Verflüssigung von Gas sind Lieferanten beim Export nicht mehr auf Pipeline-Monopolisten angewiesen. Die Preise für Gas aus den USA könnten also sehr gering ausfallen - was wiederum eine gute Verhandlungsbasis für die Verhandlung mit Russland bezüglich der Gaspreise ist.
Als erster Spitzenpolitiker der Regierung schließt der frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nicht aus, dass die Atomkraftwerke in Deutschland länger laufen als geplant. Angesichts der rasant steigenden Energiekosten sagte Ramsauer dem Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL: "Wer die Preise wieder senken will, muss zurück zur Atomkraft". Derzeit wolle das noch niemand. "Aber ich schließe nicht aus, dass wir in ein paar Jahren zu der Überzeugung kommen, dass die Entwicklung aus dem Ruder läuft und wir uns die Energiewende nicht leisten können und wollen." Ramsauer kritisierte, die hohen Energiekosten legten "den Grundstein für die Deindustrialisierung, indem wir wichtige Branchen wie die Chemie- und Stahlindustrie vertreiben." Die Entwicklung sei gefährlich, weil die Abwanderung der Betriebe bereits eingesetzt habe.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) muss Kosten einsparen, Anfang April will die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur neuen Ökostrom-Förderung beschließen. Schlecht erwischen wird es dabei die Betreiber von Biogas-Anlagen, denn Biogas soll kein Teil mehr der Energiewende sein. Biogas-Bauern bekommen noch für den Rest ihrer 20 Garantie-Jahre den Strom bezahlt, die Vergütung von bis zu gut 20 Cent pro Kilowattstunde soll auf maximal 13,66 Cent reduziert werden. Zur Sicherheit ist im Entwurf noch ein Deckel vorgesehen, der den Ausbau auf insgesamt 100Megawatt jährlich begrenzt. Kritiker stufen diesen Schritt als gefährlich ein, mit der Begründung, Biogas könne für die Energiewende viel leisten. Etwa Strom dann liefern, wenn Wind und Sonne fehlen, also Schwankungen ausgleichen oder das Stromnetz stabilisieren. Was immer wichtiger wird, je mehr Wind- und Solaranlagen am Netz sind.
Während Brüssel und Berlin um die Höhe der Ökostromrabatte für die deutsche Industrie feilschen, beziehen die Bürgerinnen und Bürger eindeutig Position. 83 Prozent lehnen die weitgehenden Industrierabatte bei der EEG-Umlage und den Netzentgelten ganz oder teilweise ab, da Unternehmen bereits von historisch niedrigen Einkaufspreisen für Strom profitieren. Lediglich 17 Prozent halten die aktuelle Kostenverteilung, bei der Verbraucher für die Entlastung der Industrie zahlen, für gerechtfertigt. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Toluna unter 1.000 Bundesbürgern im Auftrag des Energieanbieters LichtBlick hervor.
Experten des Forschungsinstituts Prognos und des IAEW Aachen kommen in einer Studie zu dem Ergebnis, dass im deutschen Stromsystem durch eine höhere Energieeffizienz viele Vorteile zum Vorschein kommen könnten: